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Gemeine Becherjungfer

Enallagma cyathigerum (Charpentier, 1840)


Gemeine Becherjungfer englisch Common Bluet,
Common Blue Damselfly
niederländisch watersnuffel
französisch Agrion porte-coupe
tschechisch šidélko krouzkované
polnisch nimfa stawowa
schwedisch Sjöflickslända
dänisch Torpedoplettet vandnymfle

Namensgebung
navdeutsch
Becherjungfer: nach der Becher ähnlichen Zeichnung auf dem 2. navHinterleibsring der Männchen
Gemeine: nach ihrer Häufigkeit
navwissenschaftlich
Enallagma: gr. enallagma - Verwechselung
cyathigerum: gr. kyathos - Becher und lat. -ger(um) - tragend, an sich habend


Originalgröße Systematik Gefährdung
Größe



29 - 36 mm
Unterordnung
Kleinlibellen (Zygoptera)
Familie
Schlanklibellen (Coenagrionidae)
Welt: 20 Familien
Europa: 5 Familien
D, A, CH: 4 Familien
Gattung
Becherjungfern (Enallagma)
Welt: 91 Gattungen
Europa: 7 Gattungen
D, A, CH: 7 Gattungen
Art
Gemeine Becherjungfer
(Enallagma cyathigerum)
Welt: 47 Arten
Europa: 1 Art
D, A, CH: 1 Art
Unterarten
keine

Deutschland
ungefährdet


Österreich
nicht gefährdet


Schweiz
nicht gefährdet

(siehe auch navRote Listen in D, A, CH)

Flugzeit
J F M A M J J A S O N D


Verbreitung
Verbreitung Ena cyathigerum
© navDijkstra & Lewington
violett: Hauptverbreitungsgebiet
rosa: unbestätigte, aber vermutete Vorkommen
Fragezeichen: isolierte unsichere Vorkommen
Welt
navholarktisches Faunenelement, das den gesamten Norden besiedelt: Europa, nördliches Asien, Alaska, Kanada und nördliche USA; auch über den Polarkreis bis 61°40' n.B.; Europa: außer Island und nördliches Skandinavien fast überall, im Mittelmeerraum nur in höheren Lagen; häufigste Libelle in Europa

Deutschland
überall häufig; zählt zu den häufigsten und am weitest verbreitesten Arten

Österreich
nahezu Flächen deckend; am häufigsten nachgewiesene Art in Österreich; höchste navbodenständige navPopulation in 2.290 m, höchster Nachweis 2.360 m

Schweiz
weit verbreitet, vor allem in der Ebene, in Zentralalpen seltener, auf Alpenrückseite nur wenige Funde; hauptsächlich zwischen 300 und 700 m, auch bis über 2.300 m

Lebensraum

Die Gemeine Becherjungfer bewohnt ein großes Spektrum navstehender Gewässer und kann sich (seltener) auch in langsam navfließenden Gräben, Bächen und Flüssen erfolgreich entwickeln. Sie kommt mit jungen Gewässern (Baggerseen u.ä.) ebenso zurecht wie mit etablierten Gewässern. Wichtig ist ihr eine mittelgroße bis große offene Wasserfläche, die von einzelnen Halmen und Blättern der Röhricht- (Schilf, Rohrkolben, Großseggen, usw.) und der Tauchblattzone (Hornblatt, Tausendblatt, usw.) durchbrochen wird und keine zu üppige Schwimmblattvegetation (Seerose, Teichrose, Laichkraut, usw.) aufweist. Die Gewässer dürfen auch im Spätsommer nicht austrocknen. Weitgehend verlandete Gewässer meidet unsere Art. An Fisch reichen Gewässern ohne ausreichende navSubmersvegetation kommt sie nicht vor. Sie toleriert jedoch einen relativ hohen Schwermetallgehalt des Wassers.
Im Norden Deutschlands besiedelt die Gemeine Becherjungfer auch navMoore, ist hier aber anscheinend an Vorkommen von Torf- und / oder Sichelmoos angewiesen.

Ökologie und Lebensweise

Im Allgemeinen Anfang Mai (in günstigen Jahren früher, in ungünstigen Jahren auch später) verlassen die navLarven das Wasser, um sich ein letztes Mal zu häuten. Zum navSchlupf der navImago verankern sich die navLarven bevorzugt an der Wasserseite in unterschiedlicher Höhe an aus dem Wasser ragenden, senkrechten Halmen und Stängeln von Röhrichten oder der navSubmersvegetation. Manche navLarven verlassen das Wasser aber auch über das Ufer, der navSchlupf findet dann über Land statt. In Gewässern mit reicher Schwimmblattvegetation kann der navSchlupf aber auch in waagerechter Position auf den Schwimmblattern erfolgen.
Die Gemeine Becherjungfer hat eine überaus lange navSchlupfperiode. Regelmäßig noch Anfang August, maximal sogar bis Ende September gelangen Libellen zum navSchlupf. Die Hälfte der navPopulation ist meist erst nach 50 und mehr Tagen seit navSchlupfbeginn navgeschlüpft, die gesamte navSchlupfzeit kann sich über mehr als 115 Tage (knapp 4 Monate!) hinziehen.
Nach dem Aushärten ihres navKörpers und ihrer Flügel fliegen die jungen Libellen in die nähere, manchmal auch weitere Umgebung des Gewässers. Hier reifen und navjagen sie über sonnige Wiesen und Brachflächen, entlang von Wald- und Feldrändern oder über Waldwegen und -lichtungen. Die Weibchen navjagen normalerweise in einer größeren Entfernung zum Gewässer als die Männchen. Die Reifezeit beträgt durchschnittlich 10 - 12 Tage.
Während die Weibchen fast nur zur navPaarung und navEiablage das Gewässer aufsuchen, sind die Männchen fast permanent am Gewässer: sie erscheinen recht früh am Tag und sind oftmals eine der letzten Libellenarten, die das Gewässer wieder verlassen. Die Männchen fliegen in einer charakteristischen Weise knapp über der Wasseroberfläche, oftmals auch sehr weit weg vom Ufer. Ihre Flüge unterbrechen sie, indem sie sich in einer weiteren charakteristischen Weise ausruhen und verharren: sie steuern kurze, nur wenige Zentimeter aus dem Wasser ragende, senkrechte oder leicht geneigte Pflanzenteile an und setzen sich nahezu horizontal auf diese. Diese beiden Verhaltensweisen sind fast nur unserer Art zu eigen, so dass eine Artbestimmung nur an Hand dieses Verhaltens in den allermeisten Fällen richtig ist.
Die Weibchen erscheinen oft bereits in Tandemformation angekoppelt an die Männchen am Wasser, die navPaarung fand dann bereits abseits des Gewässers statt. Nur selten erreicht ein Weibchen allein das Gewässer. Hier wird es vom Männchen erkannt und ergriffen. Zusammen fliegen sie in Tandemformation in das Röhricht bzw. die höhere Vegetation, um sich hier zu navpaaren. Die navPaarung dauert mindestens 10 Minuten, kann aber auch über eine Stunde dauern. Sie findet nur bei Sonnenschein statt.
Nach vollzogener navPaarung fliegt das Paar zur navEiablage, die oftmals weit abseits des Ufers stattfindet. Die navEiablage kann in zwei unterschiedlichen Strategien erfolgen. Zum Einen legen die Weibchen die navEier in auf dem Wasser treibende oder liegende Blätter von Rohrkolben, Schilf, Seggen und Binsen. Das Männchen hält sich dabei an der umgebenden Vegetation ferst. Zum Anderen, weitaus häufiger, werden die navEier in senkrechte, aus dem Wasser ragende Stängel und Halme, etwa von Hornblatt oder Tausendblatt, gelegt. In navMoorgewässern werden die navEier in Torf- und Sichelmoos gelegt, in navfließenden Gewässer wird der Haken-Wasserstern bevorzugt. Dabei steht das Männchen senkrecht auf dem navThorax des Weibchens. Langsam rückwärts gehend, gelangt das Paar dabei regelmäßig unter Wasser. Benetzt das Wasser den navThorax des Männchens, löst es den Klammergriff, setzt sich an die Halmspitze oder in dessen Nähe und wartet hier auf seine auftauchende Partnerin. Diese dreht sich nach dem Lösen des Klammergriffs unter Wasser um und schreitet, Kopf abwärts, am Halm entlang nach unten. Dabei legt sie ihre navEier. Trifft sie auf andere Halme, wechselt sie zu diesen über und setzt die navEiablage fort. Nach maximal 90 Minuten taucht das Weibchen wieder auf. Es lässt den Halm los und triebt zur Wasseroberfläche auf. Hier wird es vom Männchen in Empfang genommen und des öfteren im "Schlepptau" über das Wasser zu einem neuen navEiablageplatz gezogen. Wartet kein Männchen auf das auftauchende Weibchen, kann sie, entweder vom Wind getrieben oder mit den Vorderflügeln "paddelnd", einen nahen Halm erreichen, den sie erklimmt.
Die navEiablage erfolgt oft in großer Anzahl gemeinsam.
Nach etwa 2 bis 3 Wochen entschlüpft dem navEi eine Prolarve, die sich sehr schnell zur eigentlichen navLarve häutet.
Die sehr aktiven navLarven besiedeln kurz nach ihrem Schlupf die Unterwasservegetation. Hier jagen sie, hier haben sie aber auch einen Rückzugsraum vor ihren Feinden, besonders vor Fischen. Werden sie älter, verlagern sie ihren Lebensmittelpunkt mehr zur Gewässermitte hin, wo sie in organischen Sedimenten leben. Erst wenn sie ausgewachsen sind, ziehen sie sich wieder in die navSubmersvegetation zurück. Hier finden sie die Halme, die sie zum navSchlupf der navImago erklimmen müssen.
In Mitteleuropa beträgt die Larvalzeit 1 Jahr. In sehr günstigen Lagen und insbesondere im südlichen Verbreitungsgebiet können zwei Generationen pro Jahr navschlüpfen. Ungünstige Lagen mit kühlerem Wasser können die Larvalzeit aber auch auf 4 Jahre verlängern.
Die Männchen der Gemeinen Becherjungfer haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von ca. 12 Tagen, sie werden maximal 39 Tage alt. Die Lebenserwartung der Weibchen zu untersuchen fällt sehr schwer, da sie nur zur navEiablage das Gewässer aufsuchen, sich ansonsten aber abseits des Gewässers aufhalten.

Ähnliche Arten

Wegen des hellblauen Grundtons der Körperfärbung der Männchen und der schwarzen Körperfärbung der Weibchen kann die Gemeine Becherjungfer mit einigen anderen Kleinlibellenarten verwechselt werden. Dies sind vor allem die Arten aus der navGattung Azurjungfern (Coenagrion), aber auch mit der navPokaljungfer (Erythromma lindenii) und eventuell mit den Arten der navGattung Pechlibellen (Ischnura) besteht Verwechselungsgefahr. Letztere haben jedoch einen (in der Draufsicht) schwarzen navHinterleib, der nur am achten bzw. neunten navHinterleibsegment blau gefärbt ist. Das einfachste Unterscheidungsmerkmal zu den Arten der navGattung Azurjungfern (Coenagrion) und der navPokaljungfer (Erythromma lindenii) ist eine fehlende schwarze Strichzeichnung auf der navBrust.

Coenagrion Enallagma
Seitenansicht der navBrust von Männchen der navGabel-Azurjungfer (Coenagrion scitulum, links) und der Gemeinen Becherjungfer (rechts)
In Höhe des Ansatzes der Vorderflügel besitzen Exemplare der navGattung Azurjungfern (Coenagrion) und der navPokaljungfer (Erythromma lindenii) eine schwarze Strichzeichnung, die den Exemplare der navGattung Becherjungfern (Enallagma) fehlt.

Des weiteren unterscheidet sich unsere Art von den Arten der navGattung Azurjungfern (Coenagrion) und der navPokaljungfer (Erythromma lindenii) durch die Zeichnung auf dem zweiten navHinterleibsegment (Männchen, Abb. links) bzw. der Form des Hinterrandes der Vorder-navbrust (Weibchen, Abb.rechts).

Männchen Azurjungfer Weibchen
typische Zeichnung und Form von zweitem navHinterleibsegment (links, für Männchen) und Vorder-navbrust (rechts, für Weibchen) als weitere Unterscheidungsmerkmale der Gemeinen Becherjungfer zu Arten der navGattung Azurjungfern (Coenagrion) und zur navPokaljungfer (Erythromma lindenii)
nach Dijkstra & Lewington

Die Zeichnung auf dem zweiten navHinterleibsegment des Männchens erinnert (mit ein wenig Abstraktionswillen) an einen Becher. (In der englischsprachigen Literatur wird die Zeichnung nicht als Becher (cup, mug), sondern als Pilz (mushroom) interpretiert. Dem schließe ich mich an.) Diese Zeichnung ist jedoch relativ variabel. Das dritte bis fünfte navHinterleibsegment der Männchen besitzt im unteren Viertel eine Zeichnung, die an eine Lanzenspitze erinnert, beim sechsten Segment erreicht sie die Hälfte. Während das navHinterleibsegment 7 zur Gänze schwarz gefärbt ist, sind die Segmente 8 und 9 vollkommen hellblau gefärbt.
Der Hinterrand der Vorder-navbrust der Weibchen ist nur leicht konvex (siehe Abbildung). Die Weibchen treten in zwei Farbformen auf: am häufigsten ist die gelblichgrüne Farbform, selten ist die blaue Farbform.

Bilder

(zum Vergrößern auf die Bilder klicken)
Männchen
Männchen
Weibchen
Weibchen der selteneren blauen Farbform
Schlupf
navSchlupf-unfall

Literatur, die erwähnt und benutzt wurde:

Dijkstra, K.-D.B. & R. Lewington (2006): Field Guide to the Dragonflies of Britain and Europe. Gillingham: British Wildlife Publishing. S. 101-102

Raab, R., A. Chovanec & J. Pennerstorfer (2007): Libellen Österreichs. Wien: Umweltbundesamt & Wien, New York: Springer. S. 130-131
Robert, P.-A. (1959): Die Libellen (Odonaten). Bern: Kümmerly & Frey. S. 116-122
Sternberg, K. & F.-J. Schiel (1999): Enallagma cyathigerum - Gemeine Becherjungfer. - In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Bd. 1: Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera) Stuttgart: Ulmer. S. 300-311
Weidmann, P. & M. Merkli (2005): Enallagma cyathigerum. - In: Wildermuth, H., Y. Gonseth & A. Maibach (Hrsg.): Odonata - Die Libellen der Schweiz. Fauna Helvetica 12. Neuchâtel: CSCF. S. 152-155


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