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Hufeisen-Azurjungfer
Coenagrion puella (Linné, 1758)
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Azure Bluet, Azure Damselfly |
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azuurwaterjuffer |
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Agrion jouvencelle |
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šidélko páskované |
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latka pospolita, latka dzieweczka |
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Ljus lyrflickslända |
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Hestesko-Vandnymfe |
Namensgebung
deutsch |
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Azurjungfer: nach den azurblauen Hinterleibern der Männchen Hufeisen-: nach der Hufeisen förmigen Zeichnung auf dem 2. Hinterleibring der Männchen |
wissenschaftlich |
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Coenagrion: gr. koinos - gemeinsam, allgemein, weitverbreitet und gr. agrion - wildes >Insekt< puella: lat. puella - Mädchen |
Originalgröße |
Systematik |
Gefährdung |
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33 - 35 mm |
- Unterordnung
- Kleinlibellen (Zygoptera)
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- Familie
- Schlanklibellen (Coenagrionidae)
- Welt: 20 Familien
- Europa: 5 Familien
- D, A, CH: 4 Familien
- Gattung
- Azurjungfern (Coenagrion)
- Welt: 91 Gattungen
- Europa: 7 Gattungen
- D, A, CH: 7 Gattungen
- Art
- Hufeisen-Azurjungfer
- (Coenagrion puella)
- Welt: 33 Arten
- Europa: 40 Arten
- D, A, CH: 9 Arten
- Unterarten
Die Schwarzanteile der Färbung variieren bei dieser Art sehr stark. Aber gerade auf Grund der unterschiedlichen Färbung wurden einige Unterarten und Farbformen definiert. Einigermaßen anerkannt ist momentan nur die Unterart Coenagrion puella kocheri, die in Nordwestafrika vorkommt. Allerdings zeigen einige Männchen aus Spanien Anklänge an diese Unterart.
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Deutschland
Österreich
Schweiz
(siehe auch Rote Listen in D, A, CH) |
Flugzeit
Verbreitung
© Dijkstra & Lewington violett: Hauptverbreitungsgebiet rosa: unbestätigte, aber vermutete Vorkommen C. intermedium: ersetzt unsere Art auf Kreta |
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Welt |
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ponto-kaspisches Faunenelement, in Europa häufig, in Skandinavien nur im Süden, in Schottland selten, fehlt auf Island, nach Osten bis West-Sibirien und Mongolei |
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Deutschland |
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überall und häufig, neben Großer Pechlibelle (Ischnura elegans) häufigste Libellenart in Deutschland) |
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Österreich |
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in der Ebene und bis in mittlere Höhen Flächen deckend häufig bis verbreitet, fehlt über 2.000 m |
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Schweiz |
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häufigste Libelle der Schweiz, über 1.000 m seltener, über 2.000 m sehr selten, fehlt über 2.300 m |
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Lebensraum
Die Hufeisen-Azurjungfer ist, neben der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans), die häufigste Libelle Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Ihre überaus große Individuenzahl verdankt sie ihrer Fähigkeit, nahezu alle Arten von Gewässern zu besiedeln. Die Spanne reicht von einer größeren, permanent Wasser führenden Pfütze über Gartenteiche, Tümpel, Kleinseen und anderen stehenden Gewässern sowie Mooren bis hin zu schwach strömenden Bereichen von Fließgewässern. Sie kommt mit saurem Moor-wasser ebenso zurecht wie mit hypertrophen Gewässern und toleriert auch höhere Dosen von Pestiziden und Schwermetallen im Wasser. Sie meidet lediglich merklich strömende Fließgewässer, den Kernbereich von Hochmooren sowie große Seen, kommt hier aber in ruhigen Buchten vor. Die Hufeisen-Azurjungfer wagt sich selten in die Gewässermitte größerer Gewässer.
Ihren optimalen Lebensraum findet unsere Art dort, wo die Röhrichtzone (Rohrkolben, Schilf, Großseggen, usw.) von der Schwimmblattzone (Seerose, Teichrose) und / oder Unterwasservegetationszone (Laichkraut, Tausendblatt, usw.) abgelöst wird. Wenn dann noch die Blätter und Blütenstängel der Submers-vegetation aus dem Wasser ragen, befindet sich die Hufeisen-Azurjungfer geradezu im Paradies.
Ökologie und Lebensweise
Die Larven bewohnen die Unterwasservegetation bis zu einer Tiefe von maximal 2 m. Sie bietet ihr Nahrung und gewährt Schutz vor Fischen und anderen Fressfeinden. Schlammige Bereiche ohne jeglichen Pflanzenbewuchs werden von den Larven gemieden. Je wärmer das Wasser ist, desto schneller wachsen die Larven heran. Im Mittelmeerraum entwicklen sich alle Larven innerhalb eines Jahres, in den gemäßigten Breiten entwickeln sich etwa ¾ der Individuen eines Jahrganges innerhalb eines Jahres, der Rest benötigt zwei Jahre. Deren Anteil steigt mit zunehmender geografischer Breite und / oder Abnahme der Wassertemperatur.
An einem Morgen im Mai verlassen die Larven das Wasser, um sich ein letztes Mal zu häuten. Sie erklimmen dazu alle möglichen Substrate (Halme und Stängel von Rohrkolben, Schilf, Seggen, Binsen, aber auch See- und Teichrosenblätter und aus dem Wasser ragende Teile der Submers-vegetation) und klammern sich in einer Höhe von etwa 3 bis 30 cm über dem Wasserspiegel fest. Der Schlupf erfolgt normalerweise in senkrechter Position und dauert (vom ersten Platzen der Haut bis zum Jungfernflug) 1 Stunde bis 3½ Stunden, im Mittel 1½ Stunden. Bei kühler Witterung und / oder regnerischem Wetter kann der Jungfernflug aber auch erst am zweiten Tag nach dem Schlupf erfolgen. Zu Beginn der Schlupf-periode herrscht ein Weibchenüberschuss vor, am Ende überwiegt die Anzahl männlicher Tiere. Etwa 10 Tage nach Beginn der ersten Schlupfe wird das Schlupf-maxima erreicht, nach etwa 19 Tagen sind 95 % einer Population geschlüpft.
Nach dem Schlupf verlassen die jungen Imagines den Schlupf-ort und flattern zur Reifung in benachbarte Habitate (Wiese, Gebüsch, usw.). Während die Männchen dabei jedoch nahe am Wasser bleiben, flattern die Weibchen etwas weiter. Nach etwa 13 Tagen (Männchen) bzw. 16 Tagen (Weibchen) sind die Tiere geschlechtsreif.
An sonnigen Tagen besetzen die Männchen ab ca. 8:00 Uhr ihr Territorium am Ufer des Gewässers und warten auf die Weibchen. Es werden keine feste Territorien gebildet oder verteidigt. Etwas später kommen die Weibchen, die die Nacht abseits des Ufers verbracht haben, an das Gewässer. Wird ein Weibchen erblickt, stürtzt sich das Männchen auf sie, ergreift sie und packt sie fest. Sodann beginnt die Paarung. Das Paar setzt sich dafür vorzugsweise auf eine waagerechte Unterlage. Die Paarung dauert etwa eine viertel bis halbe Stunde. Unmittelbar nach der Paarung fliegt das Paar gemeinsam zur Eiablage.
Zur Eiablage steuert das Paar Stellen mit lichter Emers-vegetation, üppiger Submers-vegetation oder deren Übergangszone an. Die Eiablage erfolgt immer in Tandemformation, wobei das Männchen senkrecht auf dem Weibchen steht. Wohl zur Steigerung der Sicherheit legen Paare gerne in großer Gemeinschaft mit Paaren der gleichen Art oder anderer Schlanklibellen-arten ab. Die Eier werden in nahezu alle weichen Pflanzenteile auf der Wasseroberfläche oder darunter gelegt: in auf dem Wasser schwimmende, abgestorbene Pflanzenteile, in die Blätter und Stängel der Submers-vegetation, in die Unterseite von See- und Teichrosenblättern. Nur ausnahmsweise klettert das Weibchen während der Eiablage ganz unter Wasser; das angekoppelte Männchen fordert erst dann zum Aufstieg auf, wenn die Basis seines Hinterleibs unter Wasser gerät. Ziehen Wolken auf, wird die Eiablage unterbrochen. Gegen 16:00 Uhr verlassen die Tiere das Gewässer.
Die Eier entwickeln sich innerhalb von drei bis fünf Wochen. Dann schlüpfen die Larven. Als Imago haben Männchen eine Lebenserwartung von durchschnittlich 5,6 Tagen (maximal 39 Tage), und Weibchen werden durchschnittlich 5,4 Tage (maximal 46 Tage) alt. In ihrem Leben kann ein Weibchen bis zu 4.200 Eier legen.
Ähnliche Arten
Wegen des hellblauen Grundtons der Körperfärbung der Männchen und der schwarzen Körperfärbung der Weibchen kann die Hufeisen-Azurjungfer mit einigen anderen Kleinlibellenarten verwechselt werden. Dies sind vor allem ihre Schwesternarten aus der Gattung Azurjungfern (Coenagrion), aber auch mit der Gemeine Becherjungfer (Enallagma cyathigerum), der Pokaljungfer (Erythromma lindenii) und eventuell mit den Arten der Gattung Pechlibellen (Ischnura) besteht Verwechselungsgefahr. Letztere haben jedoch einen (in der Draufsicht) schwarzen Hinterleib, der nur am achten bzw. neunten Hinterleibsegment blau gefärbt ist. Von den anderen Arten unterscheidet sich unsere Art am einfachsten durch die Zeichnung auf dem zweiten Hinterleibsegment (Männchen, Abb. links) bzw. der Form des Hinterrandes der Vorder-brust (Weibchen, Abb.rechts).
typische Zeichnung und Form von zweitem Hinterleibsegment (links, für Männchen) und Vorder-brust (rechts, für Weibchen) als wichtigste Unterscheidungsmerkmale der Hufeisen-Azurjungfer zu anderen Arten der Gattung Azurjungfern (Coenagrion) nach Dijkstra & Lewington
Die Zeichnung auf dem zweiten Hinterleibsegment des Männchens erinnert (mit ein wenig Abstraktionswillen) an ein Hufeisen. Diese Zeichnung ist jedoch recht variabel; so kann z.B. die "Hufeisen" getrennt sein, wie beim Männchen auf diesem Bild. Die Hinterleibsegmente 3 bis 5 der Männchen unserer Art sind zu drei Vierteln hellblau gefärbt, nur am Hinterrand dieser Segmente ist schwarz. An den Seiten der Segmente wird diese Schwarzfärbung in einem feinen Strich bis zum Vorderrand ausgezogen. Das Hinterleibsegment 6 ist zur Hälfte, das Hinterleibsegment 7 zur Gänze schwarz gefärbt. Hingegen sind das Segment 8 vollkommen und das Segment 9 bis auf eine kleine, variable Schwarzzeichnung ebenfalls vollkommen hellblau gefärbt. Die Männchen erscheinen durch ihre geringe Schwarzfärbung als sehr hell. Der Hinterrand der Vorder-brust der Weibchen ist leicht wellig (siehe Abbildung). Die schwarze Zeichnung der Vorder-brust wird am Hinterrand von einem in der jeweiligen Körperfarbe gefärbten Rand begleitet. Da die Körperzeichnung der Weibchen recht variabel ist und der Zeichnung anderer Weibchen der Gattung Azurjungfern (Coenagrion) stark ähnelt, ist eine sichere Artbestimmung nur nach den Zeichnungselementen bei weiblichen Tieren nicht möglich. Die Weibchen treten in drei Farbformen auf: am häufigsten ist die gelblichgrüne Farbform, selten ist die blaue Farbform, sehr selten ist die grünblaue Farbform.
(zum Vergrößern auf die Bilder klicken)
Männchen |
Männchen |
junges Männchen |
Weibchen (seltene blaue Farbform) |
Weibchen (sehr seltene grünblaue Farbform) |
junges Weibchen (seltene blaue Farbform) |
Tandem |
Paarungsrad |
Eiablagen |
jeweils mit Weibchen der häufigeren gelblichgrünen Farbform |
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Literatur, die erwähnt und benutzt wurde:
Dijkstra, K.-D.B. & R. Lewington (2006): Field Guide to the Dragonflies of Britain and Europe. Gillingham: British Wildlife Publishing. S. 107-108
Oertli, B. (2005): Coenagrion puella. - In: Wildermuth, H., Y. Gonseth & A. Maibach (Hrsg.) (2005): Odonata - Die Libellen der Schweiz. Fauna Helvetica 12. Neuchâtel: CSCF. S. 130-133
Raab, R., A. Chovanec & J. Pennerstorfer (2007): Libellen Österreichs. Wien: Umweltbundesamt & Wien, New York: Springer. S. 112-113
Robert, P.-A. (1959): Die Libellen (Odonaten). Bern: Kümmerly & Frey. S. 132-140
Sternberg, K. (1999): Coenagrion puella - Hufeisen-Azurjungfer. - In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Bd. 1: Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera) Stuttgart: Ulmer. S. 278-287
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