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Pokaljungfer
Erythromma lindenii (Selys, 1840)
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Blue-eye, Goblet-marked Damselfly |
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kanaaljuffer |
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Agrion de Vander Linden |
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oczobarwnica jeziorna, latka jeziorna |
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Namensgebung
Originalgröße |
Systematik |
Gefährdung |
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30 - 36 mm |
- Unterordnung
- Kleinlibellen (Zygoptera)
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- Familie
- Schlanklibellen (Coenagrionidae)
- Welt: 20 Familien
- Europa: 5 Familien
- D, A, CH: 4 Familien
- Gattung
- Granataugen (Erythromma)
- Welt: 91 Gattungen
- Europa: 7 Gattungen
- D, A, CH: 7 Gattungen
- Art
- Pokaljungfer
- (Erythromma lindenii)
- Welt: 4 Arten
- Europa: 3 Arten
- D, A, CH: 3 Arten
- Unterarten
Die Exemplare aus Brandenburg und Polen werden auf Grund morphologischer Unterschiede der Unterart E. l. lacustre zugeordnet. Im östlichen Mittelmeerraum (Naher Osten, Kleinasien) wird die Pokaljungfer durch die Unterart E. l. zernyi vertreten. Es ist jedoch strittig, ob es sich bei beiden Unterarten um gute Unterarten handelt, oder ob es nur Rassen sind.
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Deutschland
Österreich
Schweiz
(siehe auch Rote Listen in D, A, CH) |
Flugzeit
Verbreitung
© Dijkstra & Lewington violett: Hauptverbreitungsgebiet |
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Welt |
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westmediterranes Faunenelement mit westeuropäisch-holomediterraner Verbreitung von Nordafrika und iberischer Halbinsel bis in den Nahen Osten (Iran); nördlich der Alpen seltener, in Mitteleuropa lokal; in Ausbreitung begriffen (Klimaerwärmung!), mittlerweile bis Niederlande und Norddeutschland; sehr alte isolierte Populationen in Brandenburg und Westpolen; in Mitteleuropa bodenständig bis ca. 650 m, Einzelfunde bis 1.350 m |
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Deutschland |
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vormals wohl nur im oberen Rheintal und isolierte Population (Unterart E. l. lacustre) in Brandenburg; seit wenigen Jahrzehnten in Ausbreitung entlang großer Stromtäler und / oder subglazialer Rinnensysteme Richtung Norden / Nordost; heute bis an Nordsee und kurz vor Ostsee nachgewiesen |
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Österreich |
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in fast allen Bundesländern nachgewiesen, aber nur sehr wenige bodenständige Populationen; in weiterer Ausbreitung begriffen |
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Schweiz |
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im Tessin, Kanton Genf, entlang der Aare, in der Ajoie und im unteren Thurtal nachgewiesen, aber in weiterer Ausbreitung begriffen; Nachweise zwischen 200 und 1.300 m, hauptsächlich unter 500 m |
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Lebensraum
Bei der Wahl ihres Lebensraums zeigt die Pokaljungfer kein einheitliches Bild. In Gebieten, in denen sie schon seit Jahrzehnten etabliert ist, bewohnt sie bis auf Moore alle größeren stehenden Gewässer mit offener Wasserfläche. Üppiger Pflanzenbewuchs im Wasser scheint hier nicht wichtig zu sein. Anders sieht es aus in Gebieten, die die Art erst vor Kurzem besiedelt hat. Dies sind klimatisch begünstigte Gewässer in den tieferen Lagen von Flussniederungen. Hier bewohnt sie in größerer Anzahl nicht nur stark nährstoffhaltige Klarwasser-seen, Kiesgrubengewässer, Weiher und Teiche, die über eine starke Submersvegetation (besonders Hornblatt und Tausendblatt) verfügen müssen sowie (optimal) zumindest vom Grundwasser leicht durchströmt werden. Auch an breiten, langsam fließenden Gräben, Bächen und Flüssen ist sie heimisch. Wichtig ist auch hier eine reiche Unterwasservegetation; diese kann jedoch (nur zum Teil) durch das Wurzelgeflecht der direkt am Ufer stehenden Bäume oder durch Schwimmblattvegetation (Seerose, Teichrose, Laichkraut, usw.) ersetzt werden. Die Gewässer sind im Idealfall Fisch frei. Ein breites Röhricht (Schilf, Rohrkolben, Großseggen, usw.) am Ufer komplettiert das ideale Gewässer. Es darf jedoch weder austrocknen noch durchfrieren.
Ökologie und Lebensweise
Ab Mitte Mai erklimmen die Larven zur letzten Häutung insbesondere senkrechte Stängel und Halme der Submersvegetation. Sehr gern benutzen sie die Blütenstängel von Tausendblatt, Laichkraut und zum Teil Seerose, um die fliegende Libelle schlüpfen zu lassen. Fehlen diese Pflanzen, weichen die Larven auf die wasserseitige Ufervegetation oder das Ufergehölz aus, verankern sich aber auch in der Erde steiler Uferböschungen. Sollte das Gewässer keine senkrechten Strukturen bereithalten, können die Libellen auch in waagerechter Position auf Seerosenblättern oder Algenwatten schlüpfen. Der Schlupf vollzieht sich sehr schnell. Zwischen dem ersten Reißen der Larvenhaut und dem Jungfernflug vergehen nur ca.30 min.
Um zu reifen und zu jagen verlassen die jungen Imagines das Gewässer. Der Ort der Reife ist nahezu unbekannt. Da die Tiere nur sehr selten abseits des Gewässers beobachten wurden, wird angenommen, dass die Jagd- und Reife-Habitate in Büschen oder dem Kronenbereich von Bäumen zu finden sind.
Die geschlechtsreifen Männchen kehren an das Gewässer zurück und besetzen kleine Reviere. In ihrem Verhalten ähnelt die Männchen unserer Art denen der Gemeinen Becherjungfer (Enallagma cyathigerum). Auch sie nutzen sehr gerne senkrechte, knapp über die Wasseroberfläche ragende Blütenstängel der Submersvegetation als Sitzwarten, an denen sie sich in nahezu horizantaler Position festhalten. Ihre Reviere verteidigen sie. Bei Störungen flüchten sie im flachen Flug zur Gewässermitte. Auch ohne Störung sind die Männchen tagsüber nur selten am Gewässerrand bzw. über Land zu finden.
Um die Mittagszeit erscheinen die Weibchen. Sind sie vom Männchen entdeckt worden, werden sie gefangen und vom Männchen in die sprichwörtliche Zange genommen. Sogleich beginnt die Paarung. Sie wird noch über dem Wasser fliegend eingeleitet, dann aber auf senkrecht stehenden Pflanzenteilen über Wasser vollzogen. Fehlen diese, weichen die Tiere auf Zweige des Ufergebüschs aus. Auch die Paarung ist nach nur 15 bis 30 min sehr schnell vollendet.
Unmitelbar nach der Paarung fliegt das Paar zur Eiablage. Gerne ist es dabei in Gesellschaft, auch mit Paaren anderer Arten wie der Gemeinen Becherjungfer (Enallagma cyathigerum) oder der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella). Die Pokaljungfer nutzt zwei verschiedene Strategien zur Eiablage. Sie kann sowohl in horizontaler Lage erfolgen. Dazu landet das Paar auf einem Seerosenblatt oder alten Schilf- und Rohrkolbenblättern, die auf dem Wasser treiben. Das Weibchen geht rückwärts bis zum Rand und legt seine Eier in die Unterseite des Pflanzenteils. Das Männchen hält sich währenddessen an der umgebenden Vegetation fest, oder es stellt sich ebenfalls auf das Substrat. Weit häufiger legt das Weibchen zum Anderen seine Eier in nahezu senkrechte Halme und Stängel der Unterwasservegetation. Dabei steht das Männchen senkrecht auf seiner Partnerin. Diese legt, rückwärts schreitend, ihre Eier. Regelmäßig gelangt es dabei unter Wasser. Das Männchen bleibt solange bei ihr, bis seine Flügelspitzen vom Wasser benetzt werden. Dann löst es den Griff und setzt sich in die Nähe, wo es auf sein auftauchendes Weibchen wartet. Dieses kann bis zu 30 min unter Wasser bleiben. Wenn es wieder auftauchen will, lässt es den jeweiligen Halm oder Stängel los und lässt sich nach oben treiben. Sobald es über Wasser ist, fliegt es ab. Sollte das Weibchen dafür zu entkräftet sein, wird es von seinem Männchen wieder in die Zange genommen. Dann "schleppt" es sie entweder bis zu einem neuen Eiablageplatz, oder das Paar steigt auf und fliegt davon.
Aus den Eiern schlüpfen nach wenigen Wochen die Larven. Diese leben in der dichten Unterwasservegetation, besonders in Tausenblatt oder Hornblatt. Fehlen diese, kann sie auch in reinen Schwimmblattbeständen leben. In Fleißgewässern bewohnen sie auch den Wurzelfilz der Uferbäume. Bewohnen sie ihr Gewässer gleichzeitig mit Fischen, sind sie auf dichte Unterwasservegetation angewiesen. In Fisch freien Gewässern kann die Vegetation hingegen recht lückig sein.
In Mitteleuropa benötigen die Larven ein Jahr, um schlupfbereit zu sein. Aus Spanien ist eine schnellere Entwicklung mit zwei Generationen pro Jahr bekannt.
Ähnliche Arten
Wegen des hellblauen Grundtons der Körperfärbung der Männchen und der schwarzen Färbung des Hinterleibs der Weibchen kann die Pokaljungfer mit einigen anderen Kleinlibellenarten verwechselt werden. Dies sind vor allem die Arten der Gattung Azurjungfern (Coenagrion), aber auch mit der Gemeine Becherjungfer (Enallagma cyathigerum) und eventuell mit den Arten der Gattung Pechlibellen (Ischnura) besteht Verwechselungsgefahr. Letztere haben jedoch einen (in der Draufsicht) schwarzen Hinterleib, der nur am achten bzw. neunten Hinterleibsegment blau gefärbt ist. Von den anderen Arten unterscheidet sich unsere Art am einfachsten durch die Zeichnung auf dem zweiten Hinterleibsegment (Männchen, siehe Abb.) bzw. der Farbgebung des Körpers in seitlicher Ansicht (Weibchen).
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typische Zeichnung und Form vom zweiten Hinterleibsegment als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal der Pokaljungfer zu anderen hauptsächlich hellblau gefärbten Männchen der Familie Schlankjungfern (Coenagrionidae) nach Dijkstra & Lewington
Die Zeichnung auf dem zweiten Hinterleibsegment des Männchens erinnert (mit ein wenig Abstraktionswillen) an einen Pokal. Diese Zeichnung ist jedoch recht variabel. Die Hinterleibsegmente 3 bis 6 der Männchen unserer Art haben eine nach vorn gerichtete, sehr spitze, Lanzett förmige, schwarze Zeichnung. Die Hinterleibsegmente 7 und 8 sind zur Gänze schwarz gefärbt, die Segmente 9 und 10 erscheinen vollkommen hellblau. Die Weibchen zeigen in der Seitenansicht eine charakteristische Körperfärbung. Kopf, Thorax sowie die ersten und letzten Hinterleibsegmente sind in einem hellen Grün gehalten, während die Segmente (3) 4 bis 6 blau gefärbt sind.
(zum Vergrößern auf die Bilder klicken)
Männchen in typischer Wartehaltung |
Männchen |
Paar in Tandemformation |
Paarungsrad |
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Literatur, die erwähnt und benutzt wurde:
Dijkstra, K.-D.B. & R. Lewington (2006): Field Guide to the Dragonflies of Britain and Europe. Gillingham: British Wildlife Publishing. S. 122-123
Hostetter, K. & H. Wildermuth (2005): Erythromma lindenii. - In: Wildermuth, H., Y. Gonseth & A. Maibach (Hrsg.): Odonata - Die Libellen der Schweiz. Fauna Helvetica 12. Neuchâtel: CSCF. S. 62-68
Raab, R., A. Chovanec & J. Pennerstorfer (2007): Libellen Österreichs. Wien: Umweltbundesamt & Wien, New York: Springer. S. 120-121
Robert, P.-A. (1959): Die Libellen (Odonaten). Bern: Kümmerly & Frey. S. 141-142
Sternberg, K., H. Hunger & B. Schmidt (1999): Cercion lindenii - Pokaljungfer (Pokal-Azurjungfer). - In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Bd. 1: Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera) Stuttgart: Ulmer. S. 216-227
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