fressen und gefressen werden
Wie jede andere Tierart auch müssen Libellen fressen um zu leben, zu wachsen, und um ihrer Hauptaufgabe, der Vermehrung der Art, gerecht zu werden. Doch sind sie nicht nur die Fressenden, nein, sie sind auch selbst Opfer anderer, ebenfalls gefräßiger Tiere. Auf dieser Seite will ich sowohl die Libellen als Jäger als auch als Gejagte vorstellen.
Libellen als "Täter"
Libellen sind Fleisch fressende Tiere. Und das schon seit dem Schlupf aus dem Ei. Bereits die Larven fressen all jene Tiere, die kleiner bis etwa gleich groß sind (Abb. 1). Je größer das Angebot an potenzieller Nahrung und je kleiner die Imago, desto schneller durchläuft die Larve die Stadien bis zur Schlupfreife. Aus diesem Grund benötigen Larven z.B. der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans), einer Kleinlibellenart realtiv nährstoff- und damit nahrungsreicher stehender Gewässer, nur wenige Wochen vom Schlupf aus dem Ei bis zur Verwandlung zur flugfertigen Libelle. Hingegen verbringen die imposanten Quelljungfern, die als Großlibellen-art nur in nährstoffarmen Quellen und quellnahen Bereichen von Bächen leben, bis zu sieben Jahre ihres Leben als Larve.

Abb. 1: Eine fast zum Schlupf bereite Larve der Zweigestreiften Quelljungfer (Cordulegaster boltonii) frisst eine Bachflohkrebs (Gammarus spec.). Die Larve wurde bei der Untersuchung eines Baches auf Vorkommen von Quelljungfern gekäschert und im Käscher unter Wasser liegend fotogrfiert.
Auch die fliegenden Tiere sind Fleischfresser. Zumeist ergreifen sie ihre Beute im Fluge, indem sie mit ihren Beinen eine Art Korb bilden und darin die Beute fangen. Besonders Kleinlibellen kann man auch dabei beobachten, wie sie von Pflanze zu Pflanze fliegen und hier ihre Beute quasi abpflücken (Abb.2).

Abb. 2: Ein Weibchen der Gemeinen Winterlibelle (Sympecma fusca) hat sich eine kleine Fliege gefangen und frisst sie genüsslich.
Selten, aber durchaus regelmäßig kann man Libellen beobachten, die Tiere verspeisen, die ihrer etwa gleichgroß sind. Meist sind dies Schnaken (Abb. 3).

Abb. 3: Ein Weibchen der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) verspeist eine Schnake.
Aber auch Libellen stehen auf der Speisekarte von Libellen. Echter Kannibalismus, also des Fressen der eigenen Art, wird fast nie beobachtet, das Fressen anderer Libellenarten ist durchaus Normalität. Großlibellen fangen ihre Beute im Flug (was man durch das wilde Geknister der Flügel auch hören kann), die gefangenen Libellen sind also schon flugreif und damit erwachsen. Kleinlibellen können in etwa gleichgroße Tiere fangen, doch müssen diese noch unreif sein (also noch nicht fliegen können). So war es auch, als ich Abb. 4 fotografieren konnte.

Abb. 4: Ein Weibchen der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans) hat ein frisch geschlüpftes Männchen der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) überfallen und wird es, bis auf die Flügel, auffressen.
Libellen als "Opfer"
Libellen sind während ihres gesamten Lebens Nahrung allerlei Getier. Die Larven werden u.a. von Wasserkäfern, Fischen und größeren Libellenlarven gefressen, die Imagines sind begehrte Beutetiere von u.a. Gregarinen , Milben, Gnitzen, Raubfliegen, anderen Libellen, Spinnen, Fröschen und Vögeln. Aber auch in den klebrigen Stängeln des Sonnentaus, einer fleischfressende Pflanze der Moore, verfangen sich immer wieder Libellen.
Gregarinen |
Gregarinen sind einzellige Sporentierchen ( Klasse Sporozoa), die vereinzelt im Darm der Libellen leben. Bei einem sehr starken Befall können sie den Darm fast vollständig zerstören und gelangen so in die Leibeshöhle. Eine dermaßen befallene Libelle fällt durch dunkle Flecken auf dem Hinterleib auf (Abb. 5). Außerdem sind sie sehr träge und sterben innerhalb kurzer Zeit.

Abb. 5: Bei diesem Männchen der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) wird der Gregarinenbefall durch eine unnormale Schwarzfärbung auf dem zweiten Hinterleibsegment sichtbar (roter Pfeil).
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Milben |
Milbenbefall ist bei Libellen recht häufig zu beobachten. Es sind jedoch nicht die erwachsenen Milben, die ihnen das Leben schwer machen können, es sind die parasitär lebenden Larven von Wassermilben. Die Milbenlarven leben im Wasser und heften sich solange an die Libellenlarven, bis diese zum Schlupf das Wasser verlassen. Während des Schlupfes klettern die Milbenlarven auf die gschlüpfende Libelle und beißen sich an relativ dünnhäutige Körperteile (z.B. Unterseite des Hinterleibs) der Libelle für drei bis vier Wochen fest. Hier saugen die Milbenlarven voll, um sich dann während der Eiablage der Libelle ins Wasser fallen zu lassen, wo sich ihr Lebenskreislauf fortsetzt. Die Milbenlarven sind als kleine Kügelchen in (je nach Milbenart unterschiedlicher) roten, beige-braunen oder schwarzen Farbe oft erst auf dem Bild zu erkennen. Auf Grund ihrer geringen Größe ist eine einzelne Milbenlarbe für die Libellen ungefährlich. Treten sie massenhaft auf, können sie eine jedoch Libelle aufzehren. Manche Gewässer sind derart von Wassermilben "verseucht", dass fast jede dort geschlüpfte Libelle von vielen Milbenlarven befallen ist (Abb. 6).

Abb. 6: Wenn in der Hauptflugzeit der Libellen einige Tage schlechtes Wetter herrscht, setzt mit dem ersten Sonnentag eine enorme Paarungsaktivität der Männchen ein. Sie kämpfen um jedes Weibchen. Hier versuchen zwei Männchen der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) ein artgleiches Paarungsrad zu sprengen, um sich mit dem Weibchen zu paaren. Allein diese Beobachtung ist sehr interessant. Dass aber jedes der vier beteiligten Tiere einen enormen Milbenlarvenbefall aufweist, überrascht doch sehr (rote Pfeile).
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Gnitzen |
Gnitzen sind kleine räuberische mückenartige Insekten aus der Ordnung Zweiflügler (Diptera). Die Bilder von Gnitzenbefall, die ich kenne, zeigen diese Tiere festgebissen am Flügelgeäder der Libellen, so auch in dem einzigen von mir bisher beobachteten Fall. Auch hier erkannte ich erst bei der Auswertung der Bilder das schmarotzende Tier. Die Gnitze beißt sich in das Flügelgeäder der Libelle fest (Abb. 7) und saugt von der dort wenig durchfließenden Hämolymphe, dem Blut der Libellen. Sind sie satt, lassen sie von ihrem Opfer los und fliegen weiter. Mir sind keine Beobachtungen bekannt, wonach übermäßiger Gnitzenbefall ursächlich war für den Tot einer Libelle.

Abb. 7: An einem Flügel dieses Männchen der Gemeinen Binsenjungfer (Lestes sponsa) hat sich eine Gnitze festgebissen (roter Pfeil) und schmarotzt jetzt von der durch das Flügelgeäder fließende Hämolymphe.
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Raubfliegen |
Raubfliegen (Familie Asilidae) sind gelegentlich auch Jäger von Libellen. Die meisten Raubfliegenarten sitzen in der Vegetation verborgen, bis sich die Beute genähert hat. Dann steigen sie kurz auf und ergreifen das Opfer in der Luft. Zum Verzehren suchen sich die Raubfliegen einen ruhigen Sitzplatz (Abb.8). Hier vollendet sie ihre Mahlzeit: Der kräftige Rüssel der Raubfliegen saugt in recht kurzer Zeit die Beute vollkommen aus.

Abb. 8: Eine Raubfliege hat ein Männchen der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) erbeutet und saugt es mit seinem kräftigen Saugrüssel aus.
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Libellen |
Aber auch Libellen stehen auf der Speisekarte von Libellen. Echter Kannibalismus, also des Fressen der eigenen Art, wird fast nie beobachtet, das Fressen anderer Libellenarten ist durchaus Normalität. Großlibellen fangen ihre Beute im Flug (was man durch das wilde Geknister der Flügel auch hören kann), die gefangenen Libellen sind also schon flugreif und damit erwachsen. Kleinlibellen können in etwa gleichgroße Tiere fangen, doch müssen diese noch unreif sein (also noch nicht fliegen können; Abb. 9).
Abb. 9: Ein Weibchen der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans) hat ein frisch geschlüpftes Männchen der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) überfallen und wird es, bis auf die Flügel, auffressen.
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Spinnen |
Bei den Spinnen sind sowohl die Netzspinnen als auch die Spinnen ohne Netz Fressfeinde von Libellen.
Netzspinnen sind wohl die häufigsten und auffälligsten "Mörder" von Libellen. Zumindest kann man noch sehr lange die toten Libellen finden, zumal die Netze der Netzspinnen oft in sichtbarer Höhe in lockerer Vegetation (und damit gut sichtbar) aufgespannt sind. Die Libellen fliegen in das fast unsichtbare Netz und verfangen sich in den klebrigen Fäden. Die Spinne eilt zum Opfer und injiziert ein t�dliches Gift. Nun kann sie etliche Tage von ihrem Festmahl leben (Abb. 10).

Abb. 10: Ein Weibchen der Großen Heidelibelle (Sympetrum striolatum) hat sich in einem Spinnennetz verfangen. Durch heftiges Flügelschlagen und Fluchtversuche hat sie sich noch mehr in den klebrigen Fäden verfangen. Die Spinne kam heran geeilt und injizierte ihr tödliches Gift. Nun kann sie einige Tage von ihrem Opfer zehren.
Aber auch Spinnen, die keine Netze bauen, gelingt es, Libellen zu fangen. Relativ häufig werden Libellen von Krabbenspinnen (Gattung Xysticus) gefangen. Diese Spinnen sind Lauerjäger. Sie verstecken sich an prädestinierten Orten und warten auf ihre Chance. Sie gehen aber auch kurze Strecken aktiv auf Jagd, wenn denn die Beute dies erlaubt. Schlüpfende Libellen sind eine solche Beute. Sie sind einigermaßen groß und, besonders wichtig, sie fliegen weder weg noch gehen oder krabbeln sie fort. So hat die Spinne genug Zeit, zu ihrem Opfer zu gelangen, es mit einem kräftigen Biss zu töten und es zu verspeisen (Abb. 11).

Abb. 11: Eine Krabbenspinne (Gattung Xysticus) hat ein frisch geschlüpftes Weibchen der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) überfallen und beginnt es aufzufressen.
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