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Große Pechlibelle
Ischnura elegans (Vander Linden, 1820)
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Common Bluetail, Blue-tailed Damselfly |
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lantaarntje |
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Agrion élégant |
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šidélko vetší |
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teznica okazala, teznica wytworna |
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Större kustflickslända |
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Stor Farvevandnymfe |
Namensgebung
deutsch |
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Pechlibelle: nach der pechschwarzen Färbung des Hinterleibs Große: die größte Art der Gattung |
wissenschaftlich |
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Ischnura: gr. ischnos - dürr, dünn und gr. ura - Schwanz elegans: von e-ligere - auswählen |
Originalgröße |
Systematik |
Gefährdung |
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30 - 34 mm |
- Unterordnung
- Kleinlibellen (Zygoptera)
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- Familie
- Schlanklibellen (Coenagrionidae)
- Welt: 20 Familien
- Europa: 5 Familien
- D, A, CH: 4 Familien
- Gattung
- Pechlibellen (Ischnura)
- Welt: 91 Gattungen
- Europa: 7 Gattungen
- D, A, CH: 7 Gattungen
- Art
- Große Pechlibelle
- (Ischnura elegans)
- Welt: 66 Arten
- Europa: 5 Arten
- D, A, CH: 2 Arten
- Unterarten
Auf Grund der großen Variabilität der Körperzeichnung und einiger morphologischer Differenzen wurden viele Unterarten beschrieben. Im Südwesten Europas wurde einigen Unterarten mittlerweile der Status einer eigenständigen Art zugestanden (Ischnura genei, Ischnura graellsii). Tiere in Südosteuropa (ab Salzburg und Kärnten über Ungarn und dem nördlichen Balkan weiter ostwärts) sollen der Unterat I.e. pontica angehören, I.e. ebneri soll auf Kreta und Zypern sowie in Kleinasien und im Nahen Osten beheimatet sein, I.e. mortoni in Nordspanien und I.e. tuberculata in Ostdeutschland. Diese Unterarten sind in ihrem Status sehr fraglich und stellen sehr wahrscheinlich nur regionale Rassen dar.
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Deutschland
Österreich
Schweiz
(siehe auch Rote Listen in D, A, CH) |
Flugzeit
Verbreitung
© Dijkstra & Lewington violett: Hauptverbreitungsgebiet |
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Welt |
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ponto-kaspisches Faunenelement, das in fast ganz Europa (ohne Korsika, Sardinien, Malta, Sizilien, Island, Portugal und große Teile Spaniens) bis ca. 62° 30' n.B. weit verbreitet und häufig ist. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über Osteuropa und Asien bis zum Baikalsee und nach China. |
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Deutschland |
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fast überall verbreitet und häufig, wahrscheinlich die häufigste Libellenart |
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Österreich |
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weit verbreitet bis sehr häufig, beinahe Flächen deckend mit Ausnahme des hochgelegenen Berglands, höchste große Population auf 929 m, höchste sicher bodenständige Population auf 1.278 m, höchster Einzelnachweis auf 1.670 m |
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Schweiz |
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außer im Gebirge eine sehr häufige Art, oberhalb 700 m seltener, über 1.000 m selten, höchster Einzelnachweis auf über 2.100 m |
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Lebensraum
Die Große Pechlibelle besiedelt ein sehr weites Spektrum unterschiedlichster stehender und fließender Gewässer. Sie kommt in fast allen Gewässern vor, mit folgenden Ausnahmen: sie meidet stark beschattete Gewässer, schnell fließende Gewässer ohne randliche Stillwasserzonen, temporäre Kleingewässer und Hochmoorschlenken. Sie toleriert jedoch eine starke Gewässerverschmutzung. Auf einigen nordfriesischen Inseln bewohnt sie auch brackige Gewässer und Dünentümpel, in Nordostspanien und Südfrankreich lebt sie auch im Brackwasser und in Finnland auch am Meeresufer.
Ökologie und Lebensweise
Ab Anfang Mai, manchmal auch schon früher, schlüpfen die ersten Imagines. Über einen Zeitraum von zwei Monaten ist die Schlupfaktivität relativ hoch, ab Ende Juni sinkt sie. Erst Ende August ist die Schlupfperiode beendet. Damit besitzt die Große Pechlibelle die wohl längste Emergenzperiode aller mitteleuropäischen Libellenarten. Der Schlupf vollzieht sich in der Regel senkrecht an Halmen oder Blütenstängeln von Wasserpflanzen, zumeist nur wenige Zentimeter (bis maximal 70 cm) über der Wasseroberfläche. Notfalls findet die Emergenz auch waagerecht auf Schwimmblättern statt. Fest verankerte Exuvien beweisen, dass auch ein Schlupf mit dem Kopf nach unten möglich ist. Zwischen dem Reißen der Larvenhaut und dem Jungfernflug vergehen in der Regel ein bis drei Stunden. Sehr schlechtes Wetter kann den Jungfernflug aber auch einige Tage verzögern.
Der Jungfernflug bringt die jungen Libellen in die nähere Umgebung des Gewässers. Über insektenreichen Brachflächen und Feuchtwiesen sowie über struktur- und hochstaudenreichem Grünland reifen die Männchen innerhalb von drei bis 10 Tagen und die Weibchen innerhalb von vier bis 12 Tagen. Hier fressen sie Kleininsekten, auch Kleinlibellen, die sie im Fluge fangen oder von der Vegetation ablesen. Während dieser Reifezeit wechseln die Weibchen auch ihre Körperfärbung (siehe weiter unten).
Die Große Pechlibelle ist eine sehr "wetterfeste" Libelle. Selbst bei kühler Witterung, bei Regen oder in der Dämmerung kann sie beobachtet werden. Nur bei starkem Regen, starkem Wind und / oder Temperaturen unter 15° C fliegt sie nicht.
Die Männchen besetzen am wasserseitigen Rand der Ufervegetation Sitzwarten auf exponierten Halmen oder Blättern und verteidigen diese. Bereits recht früh am Tag können die Weibchen zum Gewässer kommen, sie erreichen es aber normalerweise erst zur Mittagszeit.
Die Fortspflanzungsaktivitäten der Großen Pechlibelle sind selbst innerhalb der Familie Schlankjungfern (Coenagrionidae) einzigartig, so dass sie besonders erwähnt werden (durch EA). Entdeckt ein Männchen ein Weibchen, wird dieses gefangen und sofort ein Paarungsrad gebildet (EA). Vor und nach der Paarung bildet das Paar keine Tandemformation (EA). Die Kopulation, die auch im Fluge nicht unterbrochen wird, vollzieht sich normalerweise in der Ufervegetation und kann bis zu sechs Stunden andauern (EA)! Die Große Pechlibelle besitzt damit die längste Paarungszeit aller Libellenarten weltweit! Paarungsräder sind oft noch am späten Nachmittag und am Abend zu entdecken.
Am späten Nachmittag (EA) löst sich das Paarungsrad, und das Weibchen fliegt allein (EA), ohne Begleitung des Männchens, an versteckte Stellen im ufernahen Röhricht, um hier mit der Eiablage zu beginnen. Sie legt ihre Eier in auf dem Wasser treibende, halb verfaulte Halme und Blätter von Binsen, Schilf und anderen Pflanzen des Röhrichts. Aber auch senkrechte Halme und Blütenstängel von Submerspflanzen, die die Wasseroberfläche durchbrechen, werden als Eiablagesubstrat angenommen. Während der Eiablage taucht das Weibchen gelegentlich unter Wasser, meistens nur soweit, bis die Basis ihres Hinterleibs vom Wasser benetzt wird; manchmal taucht sie aber auch ganz unter. Unter Wasser kann sie bis zu 20 Minuten verweilen.
Als Imagines werden die Libellen unserer Art durchschnittlich neun bis 12 Tage alt. Männchen haben als Imago eine maximale Lebenserwartung von 42 Tagen, Weibchen von 50 Tagen.
Die Eier entwickeln sich normalerweise innerhalb von 10 bis 20 Tagen. Nur sehr spät im Jahr (Ende September, Anfang Oktober) gelegte Eier überwintern.
Sodann schlüpfen die Larven. Sie leben zwischen Unterwasserpflanzen und untergetauchten Blättern der Emersvegetation, aber auch an Fadenalgen. Die Larven unternehmen alters- und / oder jahreszeitlich bedingte Wanderungen. Im Herbst wechseln sie vom Uferbereich in die offenen Bereiche der Gewässermitte, wo sie im Bodenschlamm überwintern. Im Frühjahr begeben sie sich wieder zurück in Richtung Ufer. Besonders im Frühjahr sitzen die Larven häufig auf der Unterseite von im Wasser schwimmenden Getreibsel. In Mitteleuropa entwickeln sich die Larven normalerweise innerhalb eines Jahres. In kälteren Gefilden (Gebirge) benötigen sie zwei Jahre, hingegen können sich in klimatisch sehr begünstigten Orten zwei, in Südfrankreich sogar drei Generationen pro Jahr entwickeln.
Die Weibchen unserer Art besitzen einen ausgepräten Polychromismus (Vielfarbigkeit, siehe auch bei den Bildern). Es existieren insgesamt zwei verschiedene Jugendfarbformen, aus denen sich über typische Übergangsfärbungen drei verschiedene Altersformen entwickeln. Die Zusammensetzung der Färbungsvarianten innerhalb einer Population kann sich jährlich ändern.
Ähnliche Arten
Innerhalb der Unterordnung Kleinlibellen (Zygoptera) gibt es in Europa nur zwei Gattungen, deren Hinterleib nahezu vollkommen schwarz gefärbt sind: die Gattung Pechlibellen (Ischnura) und die Gattung Granataugen (Erythromma). Arten der Gattung Pechlibellen (Ischnura) besitzen bläulichgrünliche Augen, die Arten innerhalb der Gattung Granataugen (Erythromma), die einen schwarzen Hinterleib besitzen, haben hingegen bräunlichrote Augen. Deshalb kann unsere Art in Mitteleuropa eigentlich nur mit ihrer Schwesternart, der Kleinen Pechlibelle (Ischnura pumilio) verwechselt werden.
Männchen und Weibchen unserer Art haben ein hellblaues oder andersfarbiges (jedenfalls nicht schwarzes) achtes Hinterleibsegment, bei ihrer Schwesternart besitzen nur die Männchen ein helles "Schlusslicht", das jedoch auf dem neunten Hinterleibsegment sitzt. Deren Weibchen haben einen vollkommen schwarzen Hinterleib. Kurzum: wenn die Libelle einen schwarzen Hinterleib, dessen achtes Segment hellblau (zumindest nicht schwarz) ist, und keine bräunlichroten Augen besitzt, dann ist es eine Große Pechlibelle.
(zum Vergrößern auf die Bilder klicken)
unausgefärbtes Männchen |
ausgefärbtes Männchen |
ausgefärbtes Männchen |
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Jugendformen der Weibchen: |
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rufescens (mit orangefarbenen Hinteraugenflecken (häufiger)) |
rufescens (mit blauen Hinteraugenflecken (selten)) |
violacea |
Paarungsräder mit Weibchen der Altersformen: |
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typica |
infuscans |
infuscans-obsoleta |
Literatur, die erwähnt und benutzt wurde:
Dijkstra, K.-D.B. & R. Lewington (2006): Field Guide to the Dragonflies of Britain and Europe. Gillingham: British Wildlife Publishing. S. 92-93
Raab, R., A. Chovanec & J. Pennerstorfer (2007): Libellen Österreichs. Wien: Umweltbundesamt & Wien, New York: Springer. S. 126-127
Robert, P.-A. (1959): Die Libellen (Odonaten). Bern: Kümmerly & Frey. S. 112-115
Sternberg, K. (1999): Ischnura elegans - Große Pechlibelle. - In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Bd. 1: Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera) Stuttgart: Ulmer. S. 335-347
Weidmann, P. & M. Merki (2005): Ischnura elegans. - In: Wildermuth, H., Y. Gonseth & A. Maibach (Hrsg.): Odonata - Die Libellen der Schweiz. Fauna Helvetica 12. Neuchâtel: CSCF. S. 62-68
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